1944 Eine meiner ersten Erinnerungen war im Sommer 1944, ich war fünf Jahre alt und spielte mit Ruth und anderen Kindern auf dem Spielplatz neben unserem Haus am Churfirstenweg 11 in Winterthur Veltheim.
Wir spielten mit unseren Bäbiwagen, plötzlich heulten die Sirenen und wir sahen zwei kleine schwarze Punkte hoch oben am Himmel. Wir wollten ihnen nachlaufen. Als wir nach Hause zurückkamen war Mami in heller Aufregung. So was dürften wir nie mehr machen. Wenn die Sirenen heulen, müssten wir sofort nach Hause kommen.
Ich erinnere mich auch, dass wir an allen Fenstern neben den normalen Vorhängen noch zusätzlich schwarze hatten. Die wurden nachts gezogen wenn die Sirenen heulten. Es war Krieg. Vati musste viel in die Gegend von Schaffhausen. Er musste nicht in die Armee, sondern an seinem Arbeitsplatz für das Telefonnetz zum Rechten sehen. Sein Arbeitsgebiet war ein Teil des Kantons Zürich (von Winterthur bis Schaffhausen), Kanton Thurgau und Kanton Schaffhausen.
1945 erinnere ich mich dass plötzlich alle Leute sagten, jetzt ist der Krieg zu Ende. An den Krieg selber habe ich keine Erinnerungen, ausser dass wir beim Einkaufen eine Art Marken hatten. Doch eine Familie mit vier kleinen Kindern hatte immer genügend Märkli.
1946 begann meine Schulzeit im Primarschulhaus Veltheim, mein Lehrer bis zur dritten Klasse hiess Herr Traber, den hatte ich gern.
Im Sommer gingen wir immer barfuss, so sparte man mit den Schuhen.
1947 kauften meine Eltern ein Haus an der Winzerstrasse 54, auch in Veltheim. Der Schulweg war nun etwas länger, im Sommer gingen wir immer barfuss, so sparte man mit den Schuhen. Diese Häuser wurden nur an Familien mit Kindern verkauft. In jedem Haus hatte es zwei, drei, vier oder fünf Kinder. Wir spielten viel draussen auf der Strasse, Völkerball, Federball, Versteckis usw. Autos gab es in dieser Strasse noch keine. Unsere Nachbarn kauften 1955 das erste, ein Opel, er wurde Schwänli getauft.
1948 bekam Mami Nieren-Tuberkulose, wurde operiert und musste für neunMonate nach Arosa in die Kur. Wir Kinder waren 10, 9, 7 und 4 Jahre alt. Unsere Kusine Trudi hatte gerade ihre Ausbildung als Hauswirtschaftslehrerin fertig. So war sie einverstanden während der Abwesenheit unserer Mutter den sechsPersonenhaushalt zu machen. War sicher nicht so einfach gewesen von einem Tag auf den anderen, im Alter von zwanzigJahren, vierKinder zu haben.
1949 gingen wir zum ersten Mal in die Sommerferien nach Arosa zum Wandern. Wir wohnten in einem grossen Holzchalet inmitten eines Waldes und beobachteten besonders gern die Eichhörnchen. Zuerst lockten wir sie mit Haselnüssen auf die Balkonbalustrade und dann von Stuhl zu Stuhl immer weiter in die Stube hinein.
Mit vierzieg Jahren wurde Vati Kreistelephondirektor bei der PTT (Post · Telephon · Telegraph, heute Swisscom). Er war viele Jahre der jüngste Telephondirektor der Schweiz.
Wir waren nicht reich, durften aber alle vier ein Musikinstrument lernen, zuerst Blockflöte, dann Geige (Evi), Klavier (Ruth und Sette), Querflöte (Christine). Beim Abwaschen und Abtrocknen (es gab noch keine Abwaschmaschinen) wurde zweistimmig gesungen. Wir durften alle vier in ein Spezialturnen gehen.
Auf der Wiese des Bauern neben unserem Garten lernten wir Skifahren, bauten uns Schanzen um darüber zu springen.
Wir hatten immer Bücher zum Lesen. Ich erinnere mich, wir hatten eines das Ruth und ich gerade am Lesen waren. Ich musste das Geschirr von der Stube in die Küche tragen. Das Buch hatte ich mir unter den Arm geklemmt und trug die Teller in die Küche. Ruth wollte mir das Buch wegziehen, und ich liess den ganzen Tellerberg zu Boden fallen, das Buch aber blieb unter meinem Arm. Mami war so traurig, dass die schönen Teller mit dem Goldrand kaputt waren, sie schimpfte nicht einmal, nur Tränen kugelten die Backen runter. Das war die grösste Strafe für uns.
Wir durften viel spielen und basteln, mussten aber auch im Haushalt mithelfen, Geschirr abwaschen, trocknen, Schuhe putzen, staubsaugen, Beeren (Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren, Stachelbeeren) pflücken, Unkraut jäten.
Einmal mussten wir in der Schule einen Aufsatz über das Radio schreiben, doch wir hatten kein Radio, dafür hatten wir schon einen Fernseher (weil Vati Tel.Dir. war). Ausser den Nachrichten schauten wir nicht viel, es gab auch nur am Abend ein Programm. Ein Ereignis das ich nicht vergessen habe, waren die vielen russischen Panzer die plötzlich in Ungarn einfuhren und das Land besetzten (1956). Nachher gab es viele ungarische Flüchtlinge in der Schweiz.
Wir hatten eine schöne Kindheit und waren alle vier gute Schülerinnen.
Immer am Ende des Monats wenn Vati sein Monatssalär bekommen hat, sassen Mami und Vati zusammen um zu entscheiden, wie das Geld eingeteilt werden konnte. Wer brauchte dringend ein paar neue Schuhe, wer einen neuen Pulli usw. ◆
Eine schöne Zeit, ich war immer mit meiner Freundin Lisbeth zusammen. In der Schule gefiel es mir, ich hatte eigentlich alle Fächer gern, Sprachen, Mathe aber auch Sport, doch ich war sehr scheu.
Wir waren viele Sommer in Figino am Luganersee in den Ferien, in einer grossen Villa, wo etwa fünfFamilien Platz hatten. Sie lag in einem grossen Garten direkt am See, fünfkleine Ruderboote gehörten auch dazu. Wir schwammen fast jeden Sommer einmal über den See in Begleitung mit einem Ruderboot. Es waren traumhafte Ferien. Wir wanderten auf den San Salvatore, den Monte Bre, nach Lugano, Morcote. Für mich war die Heimreise aus den Ferien nach Hause immer sehr traurig, ich hätte gerne ewige Ferien gehabt.
1955 Im April begann ich eine kaufmännische Lehre bei der Firma Hausammann in Winterthur, sie handelte mit Textilien. Ich hatte eigentlich keine Ahnung was ich werden wollte, und da meine Freundin diese Ausbildung machte, machte ich sie auch. Sie arbeitete bei der Firma Sulzer.
Ich war nicht so glücklich im Büro, fand die Erwachsenen seien nicht ehrlich. Nach etwa vierMonaten sagte der Lehrlingschef Herr Diener zu meinem Vater, er sei nicht sicher ob es mir gefalle. Ich war so scheu, getraute mich nicht etwas zu sagen. Nun änderte ich meine Taktik. Wenn ich etwas in einem anderen Büro holen musste, rannte ich, sagte jedem dem ich begegnete schon von weitem laut Grüezi, mit einem Lachen auf dem Gesicht. Ergebnis nach zwei Wochen : ich sei die beste Lehrtochter, dabei habe ich wie vorher genau gleich viel gearbeitet. Ich blieb die beste Lehrtochter bis zum Schluss auch mit den Noten, gern hatte ich diesen Beruf aber nicht. Trotzdem lernt man viele nützliche Sachen.
Nach der Lehre im Frühling 1958 gingen Lisbeth und ich nach England. Wir hatten in der Schule schon sechs Jahre Englisch gehabt, verstanden haben wir am Anfang aber fast nichts.
Ich kam in eine Familie mit zweiKnaben, doch die waren in einer Internatsschule. Der Mann war Tierarzt (für die Tiere der Queen), hatte eine Praxis mit Operationsräumen im untersten Stock eines dreistöckigen Hauses an der Earl’s Court.
Jeden Morgen um 5 Uhr musste ich aufstehen, damit ich bis 7 Uhr alle Räume der Praxis geputzt hatte.
Jeden Morgen um 5 Uhr musste ich aufstehen, damit ich bis 7 Uhr alle Räume der Praxis geputzt hatte. Um 7 Uhr gabs Frühstück, danach mussten der zweite und der dritte Stock des Hauses geputzt werden. Die Wäsche und das Bügeln für die Familie und die Praxis hörten nie auf. Alle grünen Operationstücher mussten jeden Tag gebügelt werden.
Hatte ich während des Tages einen freien Moment, verschwand ich in meinem Zimmer in einem winzigen Holzchalet im Garten draussen, prompt wurde ich in den Hundesalon gerufen und musste Hunde waschen und föhnen. Arbeit gab es wirklich genug, doch mit keinem Menschen konnte ich Englisch reden, mit den Hunden leider auch nicht.
So erbarmte sich die Lady, bei der Lisbeth arbeitete, und überredete ihre beste Freundin, auch ein Aupair-Mädchen zu nehmen. Sie regelte alles mit dem Tierarzt, der plötzlich hie und da etwas zu mir sagte, und so kam ich nach drei Monaten anfangs Juli zu Familie Sachs, Rose und Leo, mit drei kleinen Kindern, Angela sechs, Charmain vier und Robin zwei Jahre alt.
Da Rose noch nie eine Hilfe gehabt hatte, ging sie jeden Morgen mit Leo in die City nach London. Er besass im Stadtteil Kensington drei Delikatessen-Läden. Er war ein geschäftstüchtiger Jude. Rose half ihm oder ging shoppen, sie genoss ihre Freiheit. Ich auch, ich durfte den Haushalt machen wie und wann ich wollte. Das einzige was genau zur Zeit sein musste, die beiden Mädchen zur Schule zu bringen, wieder abzuholen und den drei zu Essen machen. Doch den Rest, putzen, waschen, glätten konnte ich als mein eigener Chef bestimmen, wann und wieviel ich machen musste. Es war eine schöne Zeit. Lisbeth und ich, wir wohnten nur etwa fünfHäuser voneinander entfernt.
1959 Im Frühjahr verkaufte Leo die drei Läden, da dort ein grosser Supermarkt gebaut worden war. Er kaufte ein kleines Hotel in Godalming, das liegt genau in der Mitte zwischen London und Brighton. Das Hotel hatte fünf Gästezimmer, ein Restaurant fürs Mittag– und Abendessen, einen teatime Room für Tee und Kuchen am Nachmittag. Während des Tages hatten wir Personal, abends waren Leo, Rose und ich dran.
Mein Tag mit den Kindern sah etwa so aus, in die Schule bringen, wieder holen, Essen, Hausaufgaben machen, spielen. Am Abend, wenn sie im Bett waren, gings hinunter in den Diningroom. Leo kochte, Rose und ich bedienten. Um 10 Uhr wurde die Bar geöffnet, und da zu jener Zeit in England nur während bestimmten Stunden Alkohol ausgeschenkt werden durfte, standen die Männer fast Schlange an der Tür. Noch nie hatte ich so viele betrunkene Männer gesehen, daher kommt wahrscheinlich meine Abscheu vor dem Alkohol, denn ich war zwanzigJahre alt und fand betrunkene Männer unter dem Niveau von Tieren.
Meine Zeit in Godalming war schön, ich durfte Autofahrstunden nehmen, konnte sogar einmal ans Wimbledon Tennis-Tournier gehen. Ich arbeitete viel, wurde von Rose und Leo aber wie die eigene grosse Tochter behandelt und verwöhnt. Lisbeth ging nach einem Jahr im Frühling nach Hause, ich blieb noch bis Mitte Juli 1959.
Als ich heimkam, fuhr die ganze Familie Angst nach Figino in die geliebten Sommerferien am Luganersee. ◆
1959 Im September begann ich mit meiner Arbeit als Sekretärin in der technischen Abteilung bei Sodeco in Genf. Der Chef dieser Abteilung war Herr Göhring, er hatte früher vierzigJahre für Landis &Gyr in London gearbeitet. Der Chef des Elektroniklabors war Ernst Keim. Ich arbeitete in einem Bureau mit etwa fünfzehnjungen Männern, Ingenieuren und technischen Zeichnern. Neben meiner Arbeit als Sekretärin habe ich viele viele Knöpfe angenäht.
Da Mutz und ich uns immer besser kennen lernten, viel zusammen unternahmen, uns liebten und zusammen eine Familie gründen wollten, sagte er mir, er sei gerade Chef geworden, und es gehöre sich nicht mit der Sekretärin auszugehen. Er wollte, dass ich eine neue Stelle suche. Lisbeth und ich hatten damals zusammen ein grosses schönes Zimmer oberhalb des Collège Voltaire. Sie arbeitete bei der Sécheron.
Nach etwa drei Monaten bekam Lisbeth die Nachricht sie sei als Stewardess bei der Swissair angenommen worden. Sie ging zurück in die Deutschschweiz und ich suchte mir eine neue Stelle und ein neues Zimmer. Die neue Stelle fand ich bald bei Chrysler International. Ich verdiente nun fast das Doppelte, bei Sodeco 400.–, bei Chrysler 750.–. Mein neues Zimmer war in der Servette, dort wo heute die Tierarztpraxis gegenüber der Migros ist. Bei Sodeco habe ich vom September 1959 bis Juni 1960, dann bei Chrysler bis im April 1962 gearbeitet.
1960 Im Februar waren wir ( sechsKollegen und Kolleginnen von der Sodeco) zum ersten Mal in Zermatt in den Skiferien. Wir wohnten im braunen kleinen Chalet mit den grasgrünen Läden, oberhalb der Schule und unterhalb des Kreuzes, wo der Triftbach hinuntersaust. Das Skigebiet war noch klein : Sunegga, Gornergrat und Schwarzsee.
Wenn man weiter hinaufwollte, musste man sich im Touristenbureau anmelden. Dann wurde man am nächsten Morgen mit einer Snowcat an einem langem Seil (etwa zwölfPersonen) zum Teodul-Zollhaus hinaufgezogen. Je nach Wetter ist man fast verfroren. Nach der Mittagspause gings wieder hinunter nach Zermatt, ohne schöne geglättete Pisten wie heute zu haben.
Jedes Mal wenn wieder ein neues Flugzeug in Cointrin zum ersten Mal landete, fuhren wir und all unsere Freunde nach Cointrin, um das Flugzeug zu bestaunen, DC6, DC7, Caravelle, Komet, DC8, Jumbo, DC10, das erste Ueberschallflugzeug, die Concorde der Air France.
1962 Im Juli war unsere Hochzeit geplant. Ich reiste im April 1962 für dreiMonate nach Paris. Am Morgen ging ich in die Schule und am Nachmittag schaute ich mir Sehenswürdigkeiten und Museen an. An einem Sonntag bin ich am Morgen um 9 Uhr bei der Sacré Cœur (im Norden) gestartet und nach Süden bis zum xviArrondissement, wo ich mein Zimmer hatte, marschiert, bin etwa um 17 Uhr angekommen.
Nach monatelangem Suchen, es herrschte schon 1961 Wohnungsnot in Genf, hatten wir endlich anfangs 1962 eine Wohnung in der neu gebauten Satellitenstadt in Meyrin gefunden. Eine schöne Vierzimmer-Wohnung mit einem grossen Balkon, Aussicht auf den Mont Blanc, Miete 360.– Fr. pro Monat. Salär von Mutz, dipl. Eletronik-Ingenieur 900.– Fr. pro Monat, das waren andere Zeiten.
1962 Am 20. Juli 1962 heirateten wir in der Schlosskapelle auf der Kyburg im Tösstal, nachher gings mit dem Car nach Stein am Rhein am Bodensee, wo wir ein feines Zvieri bekamen. Den Abend feierten wir im Gartenhotel in Winterthur. Wir waren etwas mehr als dreissig Personen, nur Sette fehlte, sie wohnte und arbeitete damals in Stockholm. Es war ein wunderschöner Tag und alle waren glücklich und zufrieden.
1963 Am 4. Juni wurde das kleine Fräulein Nadine geboren. Nadine kam etwa gleich schnell auf die Welt wie Célia.
Bei der dritten oder vierten Presswehe landete sie wie eine Kugel aus dem Gewehr am Ende des Gebärbettes. Nur wenige Zentimeter weiter und sie wäre auf dem Boden gelandet. Während dem Klinikaufenthalt kam Mutz an einem Abend und sagte, er könnte von einem Kollegen ein Segelboot, einen Snipe, kaufen. Er war nicht so begeistert, ich schon. Ich schlug vor, er solle doch seinen Freund Heinz fragen, ob wir es zusammen nehmen. So waren wir Eltern einer Nadine geworden, und in der gleichen Woche Besitzer eines Segelbootes im Hafen vom Paquis. Da Heinz und Marlys gerade nach Versoix gezogen waren, wussten sie, dass dort ein Hafen gebaut wurde, und wir bekamen einen Platz.
Anfangs November 1963 sah ich an einem Sonntagmorgen vom Balkon hinunter zu der Zeitungsbox und las : Kennedy ermordet !
1964 Im Februar brachten wir die kleine Nadine zu meinen Eltern in Winterthur und gingen ein zweitesMal nach Zermatt in die Skiferien.
1965 Im April wurde dann Christine geboren. Sie kam in der Klinik so schnell auf die Welt, dass Mutz noch immer am Studieren war, ob er reinkommen sollte. Als er dann reinkam war Christine gerade am Niessen. Mutz war ganz gerührt und sagte zu ihr : « Was ?! Niessen kannst du auch schon ! »
1966 Vom Oktober bis August 1967 lebten wir in New York. Für die Hinreise fuhren wir mit unseren Kindern, dem Gepäck und dem vor einem Jahr neu gekauften Fiat 1500 quer durch ganz Frankreich nach Le Havre. Dort schifften wir uns auf der Franceein, damals das schönste Passagierboot auf allen Meeren, Kennzeichen seine zwei roten Kamine. Wir hatten das Schiff gewählt, weil wir Lust auf eine Fahrt nach New York auf dem Meer mit der France hatten und das Auto konnten wir fast gratis mitnehmen. Der Preis, fünfTage auf der France oder mit dem Flugzeug, war etwa gleich. Im November hat der Atlantik meistens ziemlich grosse Wellen. So war die Hinfahrt nach New York, sie dauerte fünfTage, wie auch die Rückfahrt ein Jahr später, für Mutz nicht gerade himmlisch, er war die meiste Zeit seekrank, und dabei gab es so gutes Essen. Ich, Nadine und Christine merkten nicht viel.
Nach der Ankunft in New York kauften wir eine Filmkamera Super 8, um Filme über dieses Jahr im Ausland zu machen. Wir wohnten in Queens in einem kleinen Einfamilienreihenhaus, gerade unter der Anflugsschneise des La Guardia Flughafens. Während der Nacht leuchteten die Scheinwerfer der Flugzeuge direkt ins Schlafzimmer auf unsere Köpfe im Bett.
Scheint, dass uns Flughäfen immer angezogen haben !
1967 Mitte August räumten wir das Haus, packten unsere Sachen und stellten sie bei Freunden ein. Dann gings für zwei Wochen nach San Francisco, Mutz musste für L &G arbeiten.
Anfangs September 1967 flogen wir nach Honolulu auf die Insel Ohau in Hawai, was für ein Traum ! Mutz musste nach zwei Wochen zurück nach New York arbeiten gehen. In der usa gabs schon damals nur zwei Wochen Ferien pro Jahr. Wir drei genossen unser Leben in der Wärme des Pazifiks bis Ende Oktober 1967. Nadine lernte dort mit etwas über vier Jahre schwimmen. Im November reisten wir in die Schweiz zurück.
1968 Im August beginnt für Nadine der Ernst des Lebens, Eintritt in die 2. enfantine.
1969 kauften wir ein neues Boot mit einer kleinen Kabine, einen Rafale 600, bei Stämpfli, einem Bootsbauer am Neuenburgersee, aus Kunststoff, damals revolutionär. Dazumal war unser Boot im Hafen eines der grössten, am Ende seines Daseins eher eines der kleinsten. Von 1968 bis 1975 waren wir immer mit Gablers und Zeltners in den Winterferien in Barboleusaz, wo alle Kinder skifahren lernten.
Im Sommer waren wir das erste Mal in Barboleusaz im Chalet von Herrn Glutz, dort besuchten uns Oma und Opa aus Winterthur.
Da erinnere ich mich noch gut, wie wir an einem Abend in die Dorfbeiz gingen, um am Fernseher die erste Mondlandung der Amerikaner zu sehen.
Im November verstarb ganz plötzlich der Vater von Mutz mit 73 Jahren. ◆
Ich war eigentlich gern Hausfrau und Mami. Eine schöne Wohnung einzurichten und zu pflegen, das machte Spass. Mutz war von Berufes wegen jede Woche ein, zwei, drei oder mehr Tage unterwegs, vor allem in Europa, Norwegen, Schweden, Holland, Deutschland, Oestreich und Frankreich. So war ich viel alleine mit den Kindern, waren sie dann abends im Bett, habe ich halbe Nächte lang all meine Kleider und die von Nadine und Christine genäht. Zweimal konnte ich mit Mutz, zusammen mit Adi und Godi Dändliker, bei einer Geschäftsreise mitreisen, einmal nach Holland, ein zweites Mal nach Wien.
Eine schöne Wohnung einzurichten und zu pflegen, das machte Spass.
1972 entdeckten wir Ende Oktober mit Oma Winterthur bei einem Spaziergang unser heutiges Haus. Es war fast fertig und zum Verkauf ausgeschrieben. Mutz war im Militär. Uebers Wochenende kam er nach Hause, wir haben es ihm gezeigt und eine Woche später anfangs November waren wir Besitzer des Hauses. Am 20. Dezember zügelten wir. An den Wochenenden haben wir viel Sport gemacht, wandern, schwimmen, segeln, Tennis und skifahren wurden von allen gern gemacht. Da ich so eine mère-poulewar, habe ich irgendwann mal beschlossen, dass ich etwas ändern müsse. Eines Tages bemerkte ich in einem Heft zur Berufswahl, das Nadine im cycle d’orientationbekommen hatte, dass es in Genf eine Hebammenschule gibt, bei der du nicht schon vorher Krankenschwester sein musstest. Das wäre mein Traumberuf, fand ich.
Mutz war am Anfang nicht so begeistert. Denn dazumal sahen es die Männer nicht gern, wenn ihre Frauen arbeiten gingen. Wir beschlossen, dass ich mich für die Eintrittsprüfung anmelden solle. Durchfallen konnte ich dann immer noch, doch ich bestand die Prüfung. Mit 36 Jahren war ich die erste « sogenannt Alte », die sie aufgenommen hatten an dieser Schule.
1976 So machte ich vom September 1976 bis September 1979 die Hebammenschule an der Maternité in Genf, das war eine ziemlich schwere Zeit für mich. Ich konnte noch nicht so prima französisch. Ein Tag im ersten Lehrjahr sah so aus : Maternité 07:00 – 11:00, vier Stunden Pause, Maternité 15:00 – 19:00 dann nach Hause. Am Wochenende musste ich meistens arbeiten, aber dann war ja Mutz zuhause. Weiter Montag Arbeit, dann hatte ich Dienstag und Mittwoch frei, Donnerstag wieder Arbeit, am Freitag hatte ich Schule und war am Mittag und Nachmittag nach vier auch wieder zu Hause. So waren Nadine und Christine eigentlich nur Montag und Donnerstag nach 16:00 alleine. Im zweiten Lehrjahr mussten wir dann acht Stunden aneinander arbeiten, 07:00 – 15:00, 15:00 – 23:00 Uhr oder 23:00 – 07:00 Uhr. Im drittenJahr bekam ich jeden Mittwochnachmittag frei. ◆
1977 gingen wir zum ersten Mal mit Nadine und Christine nach Zermatt in die Skiferien. Ab 1980 bis 1999 gingen wir jedes Jahr zwei Wochen in die Skiferien nach Zermatt. Wir fanden immer Skiferien seien viel schöner als Sommerferien.
1979 Der Beruf als Hebamme war sehr schön. Von Dezember 1979 bis August 1980 arbeitete ich in der Klinik Bois-Gentil in Genf. Nach etwa einem halben Jahr bekam ich ein Telefon vom Spital La Tour, das ich schon kannte wegen meinem Praktikum während der Schule, ob ich nicht zu ihnen kommen wollte. Das tat ich dann auch voller Freude.
Zuerst arbeitete ich 75 %, dann kamen Schwangerschaftskurse dazu : pro Woche zweimal Gymnastik, einmal Theorie und einmal Wassergymnastik in einem Schwimmbad in einem Hotel in Cointrin. Da ich mit diesen Kursen sehr beschäftigt war, an vier Abenden von 16:30 bis ca. 20:00, konnte ich die Arbeitszeit im Spital auf 50 % hinunterbringen, eine Hälfte im Gebärsaal, die andere Hälfte im Wochenbett.
Während vielen Jahren arbeitete ich in der Nacht, ich hatte ja keine kleinen Kinder mehr zuhause. Während der Nacht hat man viel mehr Zeit bei den Frauen im Gebärsaal zu bleiben, zu massieren usw, da das Telephon selten läutet und die Frauen im Wochenbett schlafen. Wenn niemand im Gebärsaal war, blieb noch viel Zeit um im Säuglingszimmer zu arbeiten, die Babys zu wickeln, zu den Mamis zu bringen wenn sie Hunger hatten oder ihnen ein Fläschchen mit Zuckerwasser geben. Diese Nächte bei den Babys waren immer ein Vergnügen, keine Arbeit. Auch die Arbeit im Gebärsaal war für mich wunderschön.
Später arbeitete ich noch mit den freischaffenden Hebammen von Genf zusammen, alles zusammen war eine super Mischung und hat mir sehr gefallen. So kam es vor, dass ich eine Frau in einem Schwangerschaftskurs kennenlernte, ihr dann im Gebärsaal wieder begegnete. Wenn sie eine ambulante Geburt wollte, ging sie nach einem oder zwei Tagen nach Hause und ich besuchte sie noch während fünf– siebenTage als freischaffende Hebamme. So wurde sie eine gute Bekannte und bekam sie noch weitere Kinder fast eine Freundin. Ende 1994 (ich war 55 Jahre alt) musste ich wegen Allergien und Psoriasis meine Arbeit im Spital La Tour aufhören. Eigentlich war ich sehr traurig aufzuhören, doch später war ich froh, dass ich durch meine Hautprobleme gezwungen wurde aufzuhören und meine Haut erholte sich schnell.
Eigentlich hätte ich früher gerne vier Kinder gehabt, doch Mutz war mit zwei zufrieden. Am Ende der Hebammenschule ( September79) fragte mich Claire Costa, ob sie nicht bei uns wohnen dürfte im Zimmer wo heute Téo ist. Mutz war einverstanden und so zog sie zu uns. Nun hatten wir dreiTöchter und es werden noch mehr werden. Claire zügelte etwa 1988 nach Zürich, 1993 heiratete sie René, 1994 – zweiWochen vor Teo – bekam sie Olivier und 1997 – zweiWochen vor Célia – wurde Julien geboren.
Etwa zur gleichen Zeit kam Suzie Haberland aus den usaund wohnte etwa neunMonate bei uns. Sie war in der Primarschule bei Nadine in der Klasse, ihr Vater arbeitete bei der CERN. Nach einigen Jahren ging Familie Haberland wieder zurück nach Seattle (usa). Nun wollte Suzie noch einmal ein Jahr in Meyrin zur Schule gehen. So hatten wir die vierTöchter während diesem Jahr.
1981 kam Christine (16 Jahre alt) eines Tages nach Hause und sagte, sie möchte mit afs(Schüleraustausch-Programm) für ein Jahr in ein anderes Land gehen. Sie musste alles selber organisieren mit dem Büreau in Zürich und der Aufnahmeprüfung. Ich hoffte sehr, dass man sie noch nicht nehmen würde, da sie erst 16 Jahre alt war. Doch sie wurde akzeptiert. Im gleichen Jahr verreiste im Januar zuerst Stephan Comminot nach Neuseeland, später Ende Juli Christine nach Kansas City, Missouri, und Thomas Zeltner nach Los Angeles, Kalifornien. Damals gab es noch keinen Skype, telephonieren war sehr teuer, es blieb nichts anderes übrig als Briefe zu schreiben. So merkte ich eigentlich erst um die Weihnachtszeit, dass Christine nicht glücklich war in ihrer Familie (sehr religiös). Nach Weihnachten konnte sie in eine andere wechseln. Es erging ihr wie mir in England, ich habe auch nicht nach Hause geschrieben, dass ich unglücklich war in der ersten Familie.
1982 Im Juli kam Christine wieder zurück in die Schweiz, ziemlich verunsichert, und es brauchte einige Zeit bis unsere Christine wieder unsere Christine war. Sie war gegenüber allem misstrauisch, musste wieder Vertrauen gewinnen.
Einen Monat später ( August1982 – Juli 1983) trat Nadine ihr USA Abenteuer an, es war aber anders als bei Christine. Sie war fast 20 Jahre alt und ging an eine Universität (Pitzer in Los Angeles), ausserdem verreiste sie mit ihrer Freundin Maité. In den USA traf sie an der gleichen Uni Suzie Haberland, die schon bei uns in Meyrin gelebt hatte.
Während diesem Jahr (Sommer 1982 – Sommer 1983) wohnte Amy aus Boston (auch Austausch AFS) bei uns. Bis zur Weihnacht war sie, glaube ich, nicht sehr glücklich. Es ist nicht einfach in eine andere Familie zu kommen und sich sofort wohl zu fühlen. Man braucht Zeit um sich gegenseitig kennen zu lernen. Nach Weihnachten taute sie auf, begann zu reden und lachen und war glücklich bei uns in Genf. Sie schätzte zum Beispiel dass sie mit dem Bus alleine in die Stadt fahren durfte, etwas das sie in Boston nicht konnte.
1984 überredeten mich meine Eltern, ich solle doch mal mit ihnen nach Mallorca kommen. Da Christine auf die Resultate ihrer Aufnahmeprüfung in die études pédagogiqueswartete, kam sie auch mit. Ende der ersten Woche bekam sie die Antwort (bestanden und aufgenommen) und reiste früher als geplant nach Genf zurück. Mir gefiel es in Mallorca ausgezeichnet, weil man stundenlang im Meer schwimmen und stundenlang am Meer entlang wandern konnte. So überredete ich Mutz im Jahr darauf mitzukommen. Er fand es auch toll und überredete seinerseits seinen Bruder Edgar mit Mädi im Jahr darauf. Die überredeten ihrerseits zwei andere Ehepaare aus Zürich, so waren wir immer eine Kliqué von etwa zehnPersonen, gingen schwimmen, wandern, Tennis spielen, gut essen und hatten es lustig. 1995 kam Opa aus Winterthur (inzwischen 86) nicht mehr mit, wir gingen noch einmal mit Oma alleine, dann sind diese Ferien eingeschlafen, aber schön waren sie während den 12 Jahren gewesen.
Noch ein letztes Mal flogen wir 1998 nach Mallorca mit Nadine, Louis(3 J.), Célia (8 Monate), Christine und Téo (4½ J.)
1986 begann für Nadine der Ernst des Lebens, sie begann bei der Crédit Suisse als stagiaire-gestionnaire, doch glücklich war sie nicht. Sie half den reichen Leuten noch reicher zu werden, wie sie so schön sagte.
1987 feierten Mutz und ich 25 Jahre verheiratet zu sein. Nadine lud uns zu einem feinen Essen (Pilz-Nudelgratin) ein.
Opa und Oma in Winterthur feierten ein Jahr später 50 Jahre verheiratet zu sein, doppelt so viel wie wir.
Christine begann im September ihre Arbeit als Lehrerin in einer Schule am Quai du Seujet.
1988 feierten wir die Hochzeit von Christine und François in der Kirche von Cartigny, abends assen und feierten wir im Château von Coppet. Die komplette deutschschweizer Verwandschaft, meine drei Schwestern, Ruth und Noldi, Sette und Edi, Christine und Hans, der Bruder von Mutz, Edgar und Mädi kamen. Christine und François hatten eine Wohnung gekauft und wohnten nun in Avully.
Dies alles liest sich so, wie wenn wir immer nur am Feiern oder in den Ferien gewesen wären, doch wir alle hatten einen Beruf, den wir liebten, so arbeiteten wir auch viel. ◆
Dank der Pilotenausbildung von Mutz (1981) konnten wir unzählige wunderschöne Flüge machen. Da kannst du von oben herab planen, wo du mal gerne hinmöchtest, wo du mal eine Wanderung machen könntest.
Schon seit einiger Zeit (1987) waren Mutz und ich alleinige Bewohner unseres Hauses. Pläne begannen langsam zu keimen. Wie wäre es mit einem Umbau unseres Hauses, damit wir zwei Wohnungen darin hätten. Christine und François mussten damals als Staatsangestellte des Kanton Genfs in Genf wohnen. So begannen wir Pläne zu schmieden und zu zeichnen, und wir wandten uns damit an den Architekten, Herrn Sameli, der unser Haus 1972 gebaut hatte. Er fand, er finde bestimmt noch eine bessere Lösung als wir, doch da der Platz klein war, hat er nur die Eingangstüre anders platziert, der Rest blieb gleich wie bei unseren Vorschlägen.
1990 Im März bekamen wir die Baugenehmigung. Christine und François hatten inzwischen ihre Wohnung in Avully verkauft und wohnten nun im Zimmer wo heute Téo ist. Das Badezimmer im Keller wurde zuerst im Oktober gemacht. Am 1. Dezember begann das Abenteuer des Umbaus, gleichzeitig kam ein Geschenk des Himmels, viel viel Schnee, der lange liegen blieb.
1991 Am 23. Mai einen Tag vor meinem Geburtstag konnten wir in unser neues Heim einziehen.
Bald bekamen wir einen neuen Beruf zusammen : Grosseltern !
1994 Téo [7. März]
1995 Louis [7. Oktober]
1998 Célia [3. Januar]
Ich hatte einen riesengrossen Vorteil gegenüber anderen Grossmüttern. Als Hebamme durfte ich bei den drei Geburten dabeisein und konnte die kleinen Erdenbürger zusammen mit den Eltern zur gleichen Zeit begrüssen, welch eine Wonne. Das waren wunderschöne Jahre, die drei kleinen, intelligenten, aufmerksamen Wesen zu begleiten und zu beobachten. Das macht man fast noch intensiver als Grosseltern denn als Eltern. Man hat viel mehr Zeit, am Abend gehen sie wieder nach Hause und die Verantwortung und Erziehung liegt bei den Eltern, darum konnten wir die Zeit mit den Enkeln eigentlich nur geniessen. Haben wir auch, Mutz fand er hätte viel mehr Momente mit den Enkeln gehabt als damals mit seinen eigenen Kinder, da stand zu jener Zeit immer der Beruf an vorderster Stelle. ◆
Mutz, Philippe Wiblé und Godi Dändliker gründeten eine Firma, die Wefacom, ich arbeitete als Sekretärin mit. Im Keller waren die vier Komputer, die die aufgestellten Telefonstationen überwachten. Alle Sitzungen fanden in unserer Stube statt.
Vom April 1999 bis Mai 2005 mieteten wir ganz jährlich mit Reto und Ruth Comminot eine Ferienwohnung nahe der Sunegga Talstation in Zermatt. Im letzten Winter 2005 sind wir dreizehnWochen auf den Skiern gestanden, herrlich.
2012 feierten Mutz und ich fünfzigJahre verheiratet zu sein.
Téo, Louis und Célia, das wäre mein Leben in einigen Sätzen auf einigen Seiten vor euerer Zeit kurz zusammengefasst. Es ist ein schönes, interessantes Leben, das ich mit Mutz hatte und immer noch habe.
Mutz und ich sind überaus glücklich, dass wir drei so tolle Enkel haben.
Die letzten zwanzigJahre habt ihr mit uns zusammen erlebt, und Mutz und ich sind überaus glücklich, dass wir drei so tolle Enkel haben. Vielleicht dürfen wir auch noch zusammen erleben, was für einen Beruf ihr wählen werdet. Werdet ihr heiraten und Kinder haben ? ◆
Hier bin ich, Ernst heiss ich, Vater freut sich, Mutter erholt sich war der Text meiner Geburtskarte.
1931 Geboren in einem Zürcher-Spital am 5. Mai. Gewohnt im Haus Rebbergstrasse 1, Zürich-Waid, gebaut von meinem Vater, diese Häuser gibt es immer noch, neben dem Waid-Spital. Bei uns ein Telefon, im Notfall benutzt von fünf anderen Wohnungs-Mietern.
Mein Vater Emil, aufgewachsen in einer Metzgerfamilie, konnte eine Lehre als Bauzeichner machen. Musste aber sehr viel in der Metzgerei helfen, z.B. früh aufstehen und Fleisch-Bestellungen austragen. Hätte nach der Lehre in die Metzgerei eintreten sollen. Er zog aus und verdiente sein Geld für das Studium zum Architekten in den Sommermonaten als Hilfsarbeiter auf dem Bau in Vallorbe. Das Stipendiumsgeld zahlte er nach dem Studium zurück.
Auch meine Mutter Hedi kam aus einer Metzgerfamilie. Sie lernte den Beruf Verkäuferin und half im elterlichen Metzgergeschäft.
Mein Bruder Edgar war 1½ Jahre älter als ich. Berufswunsch : Hôtelmanager. Darum begann er eine Lehre als Koch im Grand Hôtel Dolder auf dem Zürichberg. Aus gesundheitlichen Gründen musste er nach einem Jahr mit der Lehre aufhören (Blutzersetzung), darum musste er nach St. Moritz in die Höhe. Dort begann er eine neue Lehre als Bankangestellter und lernte seine zukünftige Frau kennen, Mädi. Sie hatten drei Söhne, Urs, Bernhard und Jürg. In Zürich machte er seine berufliche Laufbahn bis zum Direktor einer Privatbank.
Als kleiner Knirps war mein Kopf voller brauner Locken, darum gab mir der Hauswart den Uebernamen Mutz (kleiner Braunbär), dieser Name blieb mir bis heute.
Meine Jugendzeit verlief lebendig. Spielten viel auf der Strasse, fast keine Autos. Viermal musste mir der Arzt ein Loch im Kopf zunähen, weil ich beim Spielen zu hoch auf die Bäume kletterte.
Ich bekam eine elektrische Modell-Eisenbahn, die meine Zukunft bestimmte. Ich war fasziniert von dieser Technik. Darum wurde ich wahrscheinlich nicht Architekt, wie mein Vater, sondern Elektroniker. Mein Vater war sehr korrekt, aber streng.
1937 war in Dübendorf ein Flugmeeting, das ich gerne besucht hätte. Vermutlich hatte ich meinen Vater geärgert, so musste ich zu Hause bleiben. Skifahren habe ich alleine auf der Wiese gelernt, wo jetzt der Waid-Spital steht, ohne Ski-Lift, ohne preparierte Pisten.
1939 bekam ich die Kinderlähmung. Zum Glück hatte mein Vater den Arzt rasch geholt. Ich wurde mit meiner Mutter sofort ins Kinderspital gebracht, wo Bluttransfusionen gemacht wurden. Meine Klassenkameraden/Klassenkameradinnen bekamen eine Woche Urlaub. Ich verbrachte fünf Wochen im Spital. Meine Arme waren stark geschwächt. Durch hartes Trainieren konnte ich nach einigen Monaten ca. fünf Meter auf den Händen laufen. Aber ich hatte periodisch Probleme beim Sprechen. Mein Stottern hat die Klasse zum Lachen gebracht, so begann die Zeit, wo ich mich nicht mehr getraute im mündlichen Unterricht aktiv mitzumachen.
Einmal fiel eine Bombe ca. 100 Meter neben unserem Haus ein.
1939 begann der zweite Weltkrieg. Mein Vater wurde vom Militärdienst dispensiert, da er ein Nierenleiden hatte und daher eine strenge Diät befolgen musste. Sein Merzedes wurde in der Garage eingestellt und an gewissen Stellen mit Vaseline eingesalbt, um das Rosten zu vermeiden. Im Winter konnten wir die Strassen zum Schlitteln benutzen, da keine Autos mehr fuhren. Manchmal wurden wir nachts von amerikanischen und englischen Bomberflugzeugen überflogen. Bei Flugalarm mussten wir in den Keller, genannt Luftschutzraum. Einmal fiel eine Bombe ca. 100 Meter neben unserem Haus ein und radierte ein Einfamilienhaus einfach weg. An das bescheidene Essen hatten wir uns rasch gewöhnt, z.B. keine Süssigkeiten, viel Suppe, Kartoffeln und Gemüse. ◆
1942 zügelten wir in unser Ferienhaus in Aeugst am Albis. Das Haus hatte mein Vater 1931 gebaut und 1941 um ein Zimmer, eine Waschküche und einen Holzstall erweitert. Dieses Haus wurde in den neunziger Jahren abgerissen und viele grosse Villen wurden dort gebaut.
Ich besuchte die 6. Klasse in Aeugst, die gemeinsam mit der 7. und 8. Klasse in einem Raum war.
Zu unserem Haushalt gehörten zwei Schafe, Dorli und Vreni (eines bekam zwei, das andere drei Lämmer), sechs Hasen und eine Katze.
Die 1. und 2. Sekundarschule besuchte ich in Affoltern am Albis. Vier Kilometer Schulweg zu Fuss oder mit dem Velo, im Winter mit Schlitten. Ich hatte grosse Mühe im Auswendiglernen, im Französisch bekam ich Privatstunden. Anstatt die 3. Sekundarschule zu besuchen, versuchte ich die Aufnahmeprüfung für das Gymnasium in Zürich zu machen. Die schriftliche Aufnahmeprüfung war unbefriedigend. In meinen starken Fächern wie Mathematik und Geometrie versagte ich. So wurde ich zur mündlichen Prüfung eingeladen. Leider brachte ich kein Wort heraus. Das Stottern blockierte mich komplett, also negatives Resultat, Folge Berufslehre.
Die Aufnahmeprüfung in die Lehre als Schwachstromapperate-Monteur bestand ich super. Der Lehrlingsmeister, der die Prüfung abnahm, konnte nicht verstehen, dass ich nicht studierte. Die Beilage beschreibt die vierjährige Lehre, die ich im Albiswerk (später Siemens) in Zürich Albisrieden absolvierte. Während der Lehre bekam ich den Uebernamen Johny. Stundenlohn im 1. Jahr 10 Rp, im 2. 20 Rp, im 3. 30 Rp, und im 4. Jahr 40 Rp. Zu jener Zeit arbeiteten wir 48 Stunden pro Woche inklusive Samstagmorgen. Im 1. Jahr reiste ich alle Tage zurück nach Aeugst. Ein Weg Aeugst – Albisrieden war : 10 Minuten zu Fuss, 20 Min. im Bus, 30 Min. in der Bahn und nochmals 25 Min. zu Fuss.
Ab dem 2. Jahr hatte ich ein Zimmer im Niederdorf (Zürich) im vierten Stock mit Treppe, ohne Lift. Gesicht waschen und Zähne putzen in der Küche des Vermieters, Toilette im Hausgang. Das Morgenessen kostete 1.20 Fr. in einem Tearoom. Wie ich mich am Abend verpflegte weiss ich nicht mehr. Folgende Kurse habe ich am Abend besucht : Schreibmaschine 10-Fingersystem, Tanzen, Französisch, Morsen. Den Fahrausweis machte ich mit 18 Jahren, brauchte zehn Fahrstunden à 16 Franken. Das Wochenende habe ich immer in Aeugst verbracht.
Mein Vater kaufte noch eine Militärbaracke, dort konnte ich meinen Bastelraum installieren. Ich baute Musikverstärker, einen Amateursender, den ich schwarz betrieb. Alles noch mit Röhren, es gab noch keine Transistoren. Im April 1951 bestand ich mit Erfolg die Lehrabschlussprüfung bei Philips. Die Prüfung musste in einer anderen Firma gemacht werden. Philips war mit dem Resultat so zufrieden, dass sie mich eingeladen haben, bei ihnen als Schwachstrom-Apparatemonteur zu arbeiten. Mit Stolz habe ich diese Stelle angenommen.
Im Juli 1951 machte ich während siebzehn Wochen die Rekrutenschule in Bülach. Da ich Morsen gelernt hatte, wurde ich zu den Übermittlungstruppen als Funker eingeteilt. Neben der militärischen Ausbilung wurde die technische Ausbildung und das Morsen viel trainiert. Die Funkstation hiess TL, was heisst : tragbar leicht. Sie bestand aus drei Einheiten : Tretgenerator : 30 Kg, eine Kiste Sende-Empfangseinheit : 20 Kg und Zusatzkiste Diverses : 20 Kg. Einige Funkverbindungsübungen (Morsen) fanden auch nachts statt, das heisst viele Kilometer zu Fuss mit den Einheiten auf dem Rücken. Eine andere Funkstation, Sprachübertragung, war in einem Fahrzeug (Dodge) eingebaut. Da ich den Fahrausweis hatte, durfte ich nach der Einschulung dieses Fahrzeug fahren. Es fehlten Stationsführer, normalerweise Korporale, so konnte ich auch noch diesen Job übernehmen, zugeteilt drei Rekruten. Befehlsausgabe, Fahrzeugkontrolle, Fahren, an Ort teilweise Geräte bedienen, Rückfahrt, Fahrzeug kontrollieren. War sehr anstrengend, aber super interessant und lehrreich.
die RekrutenSchule War sehr anstrengend, aber super interessant und lehrreich.
Zu meiner Überraschung zahlte mir die Firma während dieser Zeit den halben Lohn. Dann ging das Arbeiten weiter bei Philips. Mein bester Freund Otti und ich planten nach Australien auszuwandern. Da wir kein Geld hatten war nur eine Reise mit einem Handelsschiff möglich.
Mein Vater riet mir zu studieren und so verzichtete ich auf das Abenteuer Australien. ◆
Um in das Technikum Winterthur aufgenommen zu werden, musste ich eine Aufnahmeprüfung bestehen. Mit einem Kollegen hatte ich mich einige Wochen lang vorbereitet. Wir hatten Erfolg und so begann im April 1952 das dreijährige Ingenieur-Studium Elektrotechnik, Fachrichtung Schwachstrom. Ich bewohnte ein Zimmer im Dachstock eines Mehrfamilienhauses, Fläche 12m2, Gesicht waschen und Zähne putzen mit Kaltwasser ausserhalb des Zimmers, einmal pro Woche Duschen im Parterre des Vermieters. Distanz : fünf Gehminuten bis zum Technikum. Meine Angst wegen dem Stottern hat mich im mündlichen Unterricht sehr gehemmt. Der Physikprofessor hatte die Gewohnheit immer die besten Prüfergebnisse zuerst auszuteilen. Öfters begann er mit der Bemerkung : der Stille kommt zuerst, gemeint war ich. Ich nahm an der Studentenverbindung Argovia teil, deren Sport das Fechten war. Mein Studentenname war Perk.
1955 Mit Erfolg habe ich als SchwachstromIngenieur am Technikum abgeschlossen. Zwei Diplomarbeiten hatten wir zu bestehen ; ich kreierte eine Fernsteuerung in Relaistechnik und in der Hochfrequenztechnik einen FlipFlop mit zwei Transistoren. Wir waren nur zwei Absolventen mit Transistoren-Aufgaben. Auch für den Professor war die Transitortechnik neu. Achtzehn Kollegen mussten die Diplomaufgaben mit Elektronenröhren durchführen.
Elektronenröhrentechnik(wird nicht mehr gebraucht): Eine Elektronenröhre ist ein aktives elektrisches Bauelement mit Elektroden, die sich in einem evakuierten oder gasgefüllten Kolben aus Glas, Stahl oder Keramik befinden. Die Anschlüsse der Elektroden sind aus dem Röhrenkolben nach aussen geführt. In ihrer einfachsten Form als Diode enthält eine Elektronenröhre eine beheizte Kathode und eine Anode. Elektronenröhren dienen zur Erzeugung, Gleichrichtung, Verstärkung oder Modulation elektrischer Signale.
Relaistechnik (wird heute durch integrierte Schaltungen ersetzt): Ein Relais ist ein durch elektrischen Strom betriebener, meist elektromagnetisch wirkender, fernbetätigter Schalter mit in der Regel zwei Schaltstellungen. Das Relais wird über einen Steuerstromkreis aktiviert.
Transistorentechnik(wird auch durch integrierte Schaltungen ersetzt): Ein Transistor ist ein elektronisches Halbleiter-Bauelement zum Steuern meistens niedriger elektrischer Spannungen und Ströme. Er ist der weitaus wichtigste « aktive » Bestandteil elektronischer Schaltungen, der beispielsweise in der Nachrichtentechnik, der Leistungselektronik und
in Computersystemen eingesetzt wird. Besondere Bedeutung haben Transistoren, zumeist als Ein/Aus– Schalter, in integrierten Schaltkreisen, was die weit verbreitete Mikroelektronik ermöglicht.
Während der Studienzeit hat das Militärdepartement zweimal versucht, dass ich im Militär weitermache. Ich konnte es verhindern mit der Begründung, das Studium zuerst abzuschliessen, was immer akzepiert wurde. Schlussendlich wurde ich auf der Aufgebotsliste gestrichen. Die Wiederholungskurse musste ich trotz des Studiums drei Wochen pro Jahr als Funkerpionier (Soldat) absolvieren.
Viele Firmen, die sich mit Schwachstrom-Technik oder Elektronik beschäftigten, haben um uns geworben. Für die erste Stelle als Ingenieur liess ich mich 1955 bei Landis & Gyr, Zug in der Entwicklung der Fernmessabteilung anstellen. Anfangslohn 600.– Fr. Man hatte gerade begonnen die Schaltkreise mit Transistoren zu lösen, die gedruckten Schaltungen wurden von Hand hergestellt.
Nach einigen Monaten Industrieerfahrung merkte ich, dass eine Ausbildung zum Offizier für meine Zukunft von Vorteil wäre. So meldete ich mich beim Militärdepartement, dass ich jetzt bereit wäre die Unteroffiziersschule zu machen. Trotz meinen schon 24 Jahren bekam ich für die nächste Schule ein Aufgebot (1955). Meine militärische Ausbildung endete als Oberleutnant.
Mit 27. jahren bin ich das erste mal geflogen, an die Weltausstellung nach Brüssel.
1958 besuchte ich die Weltausstellung in Brüssel. Es war meine erste Reise mit einem Flugzeug (27 jährig). Abflug vorgesehen um 18:00, der Flug war aber erst um 23:30 mit einer Ersatzmaschine, kein Luftdruckausgleich, sehr abenteuerlich.
Dann merkte ich, dass Sprachkenntnisse wichtig sind. Da ich mit grosser Mühe Sprachen lernte, kam für mich nur ein Wechsel in ein anderes Sprachgebiet in Frage. Gut drei Jahre waren vergangen, davon war ich total 63 Wochen im Militärdienst gewesen. Aus diesem Grund traute ich mich nicht der Landis & Gyr zu kündigen. Ich bat um eine Versetzung in eine andere Landis & Gyr Filiale.
So kam ich 1958 nach Genf zu Sodeco, die gerade einen neuen Direktor (Grundausbildung Elektronik) bekommen hatte. Die Hauptprodukte waren verschiedene Elektrizitätszähler, Entwicklung und Produktion. Damals gab es nur wenige Elektroniker in der Firma. Einer entwickelte einen Telefontaxzähler und einen Tefefontaxsender. Meine erste Aufgabe war eine Elektronik zu entwickeln, die es erlaubte beim Elektrizitätszähler mit der Läuferscheibe pro Umdrehung einen elektrischen Impuls berührungslos zu erzeugen ohne die Genauigkeit des Zählers zu beinflussen. Eine weitere Aufgabe war die Entwicklung einer Steuerung einer Spurkranz-Schmiereinrichtung für Lokomotiven der SBB. Es folgten Prüfautomaten zur Kontrolle von Wählscheiben und Münzkassier-Telefonstationen. Die grösste Aufgabe war die Entwicklung einer Steuerung in Relaistechnik für Billetautomaten der SBB. Fabriziert wurden 320 Geräte, die im ganzen schweizerischen Bahnnetz eingesetzt wurden.
1960 Ich wurde zum Leiter der Elektronik-Gruppe ernannt. ◆
Trotz grossem Lernaufwand blieben meine Französischkenntnisse auf einem unbefriedigendem Niveau. So wollte ich während meiner Zeit bei Sodeco dreimal wieder in die Deutschschweiz zurückkehren. Das erste Mal (1962) zurück zur Landis & Gyr Zug, ich hatte noch immer nach drei Jahren ihren Anstellungsvertrag. Es wurde mir auch ein Haus in der Nähe von Zug reserviert. Blieb trozdem in Genf.
1964 Das zweite Mal interessierte ich mich für eine Anstellung bei den Luzernischen Kraftwerken als Verantwortlicher der Übertragungs-Technik. In engster Auswahl wurde ein Spezialist von der BBC vorgezogen. Weiter bei Sodeco.
1965 Das dritte Mal beworb ich mich bei Zellweger in Hombrechtikon, Abteilung der militärischen Funkgeräte. Dieses Mal hat der Generaldirektor von Sodeco alles unternommen, dass ich bei Sodeco blieb. Hat sich gelohnt, denn jetzt begann der hirarchische Aufstieg meiner Laufbahn.
1965 suchte Sodeco einen Nachfolger für den bald abtretenden Forschungs– und Entwicklungsleiter. Ich bekam die Chance, hatte aber den Wunsch, vor der Übernahme dieses Postens ein Jahr bei der Landis & Gyr New York zu arbeiten (Okt. 1966 bis Okt. 1967). Dort unterstützte ich den Verkauf von Impulszählern und deren Anwendung im amerikanischen Markt. Ich hatte die Gelegenheit zwei Firmen zu besuchen die Banknotenakzeptoren herstellten. Ausserdem unterstützte ich den Verkauf an einer Elektronikausstellung in San Francisco. Die Familie nahm ich mit. Wir profitierten von der Reise und machten nach der Messe einige Wochen Ferien in Hawaii, zu so tiefen Flugpreisen konnten wir damals in Europa nur träumen.
1968 wurde ich Chef der Forschungs– und Entwicklungsabteilung bei Sodeco Genf (Prokurist). Neue Produkte entstanden durch die Anwendung der nun auf dem Markt erhältlichen Mikroprozessoren und PCs. Programmiersprachen mussten gelernt werden. Die Münzkassier-Telefonstationen wurden erneuert. Der Wert und die Echtheit der Münzen wurden berührungslos und ohne Verzögerung kontrolliert. Die eingeworfenen Münzen wurden bis am Ende des Gesprächs gespeichert und entsprechend der Gesprächskosten am Ende des Gespräches einkassiert. Über die Jahre gesehen hatten wir einen sehr grossen Verkaufserfolg, z.B. in Holland, Österreich, Frankreich, Norwegen, Deutschland. Es folgte der Phonocard, ein Gerät mit dem man mit vorbezahlten Karten telefonieren konnte. Die Karte mit dem holographischen Wertstreifen wurde bei Landis & Gyr in Zug entwickelt und produziert. Wir entwickelten den Kartenleser-Entwerter und das ganze Gerät. ptt (Swisscom) führte dieses Gerät ein, andere Länder folgten.
Auch die Entwicklung eines Banknoten–Akzeptors wurde gestartet, ein sehr aufwendiges und langjähriges Projekt. Die Entwicklung bis zur Produktionsreife nahm Jahre in Anspruch, darum wollte die Direktion von L & G das Projekt einige Male stoppen. Es gelang mir, mit guten Argumenten, dass wir mit dem Projekt immer wieder weiterfahren konnten bis zur Marktreife. Dieses Gerät fand bei den Billet- und bei den Tankstellenautomaten Anwendung. 1989 wurde die ganze Banknotenleser-Entwicklungsabteilung an Mars in Genf verkauft und transferiert.
Durch die Informatik wurde es möglich, die neu entwickelten Geräte fern zu überwachen, was den Unterhalt der Geräte stark verbesserte. So wurden Informatiker eingestellt. Überwachungs-Systeme wurden entwickelt, Störungen und Vandalismus wurden sofort erkannt und man konnte entsprechend rasch reagieren.
Die Entwicklung der Billetautomaten wurde nach Deutschland ausgelagert. So hatte ich zu meiner Entwicklungsgruppe in Genf noch eine in Frankfurt und eine in Berlin zu überwachen, was alle Monate eine zweitägige Reise bedeutete. Als die Entwicklung der Billetautomaten eingestellt wurde, konzentrierten wir uns auf deren Unterhalt und die Entwicklung von Münzkassier-Telefonstationen, Deutschland wurde ein sehr guter Kunde. ◆
Ich habe das Familienleben mit meinem dreiMädelhaushalt genossen.
Ich pflegte gute Kontakte mit dem Zentrallabor und den fünf Entwicklungsleitern bei Landis & Gyr in Zug.
Gute Kontakte musste ich mit unseren Kunden, den Verantwortlichen des Einkaufs und Verkaufs unserer Produkte in den Ländern Österreich, Deutschland, Holland und Norwegen unterhalten, was viele Reisen bedeutete.
Sodeco hatte einen Kleinkaliber-Schiessverein (50 Meter). Ich machte aktiv mit und erreichte gute Resultate. Mein bestes Resultat waren 99 Punkte von maximal 100 Punkten. Diesen Verein habe ich als Präsident einige Jahre geleitet.
Bis zu meinem 55. Altersjahr leistete ich pro Jahr drei später zwei Wochen Militärdienst. Total sind es 1'161 Tage. Mein letzter Grad war Oberleutnant. Für mich waren die Wochen Militärdienst eine Bereicherung. Ich konnte meine Gedanken und Verantwortung der Firma gegenüber unterbrechen, da ich ganz andere ebenso interessante Aufgaben übernehmen konnte.
Meine Belastung in der Firma war gross. Um einen Ausgleich zu finden, suchte ich nach etwas Neuem. Ende 1980 entschied ich mich, die Pilotenschule zu besuchen. Neue mündliche und praktische Aufgaben sollten helfen am Abend die Gedanken zur Firma zu unterbrechen.
1980 Am 6. November bekam ich den Lernausweis. Der erste Flug mit dem Fluglehrer fand am 14. März 1981 statt. Mein Soloflug konnte ich bereits am 9. Mai nach 9.5 Stunden Training absolvieren. Die Lizenz bekam ich am 9. August, nach total 38 Stunden Flugzeit und 193 Landungen. Der mündliche Unterricht fand am Abend von 20h bis 22h statt. Ich wollte das Fliegen noch verbessern, also liess ich mich im Kunstflug ausbilden, Prüfung am 9. Sept. 1983 bestanden. Die Kunstfluggruppe habe ich einige Jahre als Präsident geleitet.
Um für den Aeroclub als Pilot Vergnügungsflüge durchführen zu können, gabs nochmals ein Training bis zum Erhalt der reduzierten Lizenz als « pilote professionnel B.B. » Mein letzter Flug als Pilot war am 1. Sep. 2004. Total war ich 563 Stunden in der Luft gewesen mit 1'350 Landungen. Leider musste ich wegen dem Diabetes die Piloten-Lizenz abgeben. Dank meinem Freund Harry, mit dem ich seit Jahren fliege, kann ich noch heute super pilotieren, nur die Starts und Landungen macht er sicherheitshalber immer selber. Zusammengefasst war die Fliegerei eine grosse Bereicherung in der Ausbildung, machte Vergnügen und Freude den vielen Passagieren und Kunden der Firma. ◆
1989 wurde Sodeco in Landis & Gyr Communications Suisse umgetauft. Ein neuer General-Direktor wurde eingestellt, ein Franzose beeinflusst von den amerikanischen Management-Methoden.
1990 kam ein neuer Entwicklungsleiter dazu, ebenfalls ein Franzose. Ich betreute nur noch die Fertigentwicklung einer Münzkassierstation für Deutschland und deren Einführung bei der Deutschen Telecom, die Kontakte mit der Österreichischen Telecom.
1991 glaubte der General-Direktor, dass meine Funktion nicht mehr nötig sei und machte mir Vorschläge für eine neue Anstellung, die ich ablehnte. So wurde ich mit einer Jahres-Entschädigung freigestellt. Landis & Gyr Frankfurt wünschte, dass ich noch ein Jahr lang die Koordination der Entwicklungsgruppen (Münzer Deutschland) in Genf und Frankfurt übernehme, sowie den Kontakt mit der Deutschen Telecom weiterpflege. So blieb ich im gleichen Büro in Genf, war aber von Deutschland angestellt und reiste oft nach Frankfurt. Das Arbeiten, teilweise in Genf, teilweise in Frankfurt machte richtig Spass. Es war ein 50 % Job, sehr gut bezahlt von L & G Frankfurt (1991 – 1992).
Während der Sodecozeit (1958 – 1991) arbeiteten wir drei immer zusammen :
1990 hatte die Entwicklungsabteilung unter meiner Führung 120 Mitarbeiter :
Nebst meinen Führungsaufgaben habe ich beim Erstellen der Pflichtenhefte für die Produkte meine kreativen Ideen einfliessen lassen können.
Die neuen Manager, beeinflusst von amerikanischen Methoden, haben es fertig gebracht, dass die Firma Landis & Gyr Communications Suisse heute nicht mehr existiert. An einer Direktionssitzung 1988 hatte ich darauf aufmerksam gemacht, dass es immer mehr Handys geben wird, die Nachfrage nach Telefonautomaten daher stark zurückgehen wird, darum sollten neue Produkte entwickelt werden. Doch ich war der einzige mit dieser Ansicht damals.
1991 suchte ich eine neue Beschäftigung. Durch gute Beziehungen bekam ich eine 50% Anstellung bei einer kleinen Firma in Solothurn. Bedacom ag, beschäftigte sich mit Schulungs– und Orientierungs-Tagungen für den Verband Schweizer Elektro-Installationsfirmen. Unter anderem entwickelte ich die Schulungsprogramme für isdn– und Domotiquekurse, legte die Kurstage fest, machte die nötigen Einladungen und führte die Kurse durch. Sie fanden in Basel, Zürich, Chur, Bern, Luzern, Bellinzona, Sion, Genf, Lausanne statt. Leider wurde die Firma anfangs 1993 geschlossen. ◆
1994 wurde Gottlieb Dändliker von einer Firma aus München angefragt, ob er Interesse hätte eine Public-Phone-Station (Telefon mit Bezahlung durch Kreditkarten) in der Schweiz zu vermarkten. In der Schweiz waren noch keine Kreditkarten–Geräte im Einsatz. Sie suchten eine Partnerfirma für die Schweiz. Philippe Wiblé und ich waren nach langem Überlegen der Marktchancen einverstanden mitzumachen, und so fand die Firmengründung mit dem Namen Wefacom Services SA am 15. Februar 1995 in Genf statt.
1995 Vom März bis Juni arbeiteten Godi und ich an einem Projekt in Bonn (Deutschland) für die Postconsult Bonn GmbH, bis unser Geschäft in der Schweiz langsam auf Touren kam. Das Mandat erhielten wir Dank den guten Beziehungen unseres neuen Chefs aus München mit der Deutschen Post.
Zwei Produkte kamen für den Markt Schweiz in Frage, ein Gerät Kredikarten-PublicPhone mit Quittungsdrucker, ein Gerät zusätzlich mit Fax. Die Technik übernahm ich. In meinem Büro im Keller unseres Hauses wurde mit Hilfe eines Spezialisten aus München die notwendige Software in drei PC’s installiert. Auf ein externes Büro verzichteten wir. Die Sitzungen fanden in unserer Wohnstube statt und Evi erledigte die Sekretariatsarbeiten. Die Geräte holten Godi und ich mit unseren Autos in München. Die Verträge mit den Kreditkartengesellschaften mussten abgeschlossen werden (American Express, Visa, Eurocard und Diners). Die Geräte ohne fax wurden zur Hauptsache in den Lounges der Swissair in Zürich, Genf und Tessin (Lugano) eingesetzt. Die mit fax fanden in der ganzen Schweiz in den Autobahn-Restaurants Anwendung.
Die Geräte meldeten sich ab Mitternacht im Takt von drei Minuten und übermittelten ihre stattgefundenen Gesprächsdaten der letzten 24 Stunden. Jeden Morgen kontrollierte ich das Melden der Geräte, um bei Störungen entsprechend zu reagieren. Ich habe geholfen Kunden zu finden, viele Geräte selber installiert. Den Unterhalt der Geräte in der Deutsch-Schweiz und im Tessin hat ein Aussendienstmitarbeiter gemacht, für die Geräte in der Romandie war ich zuständig. Der Quittungsdrucker und der Fax waren sehr unterhaltsbedürftig. Auch die Softwarepflege der drei PC’s war aufwendig, was jedoch weitgehend von München aus via Fernverbindung erledigt wurde. Auf dem Markt nahm das Handy an Wichtigkeit mehr und mehr zu, so dass wir die Aktivität Fax– und Phone schon nach sieben Jahren einstellen mussten. Der Angriff auf das World Trade Center (9.11.2001) in New York hatte unseren Umsatz in den Lounges der Flughäfen fast zum Stillstand gebracht. Kurz danach wurde viel weniger geflogen.
Schade, dass wir die Wefacom-Aktivität nicht einige Jahre früher begonnen hatten. Wäre ein sehr gutes Geschäft gewesen.
1997 vermieteten wir zusätzlich zu unserer Aktivität noch Münz-Telefongeräte genannt Minirotoren. Das Gerät war nur für Indoor geeignet, akzeptierte alle Schweizermünzen. Den Minirotor hatten wir aus Italien importiert. Da wir Konkurrenten zu Swisscom waren, gelang es uns nur 40 Geräte zu plazieren. Der Einkäufer der Stadt Genf mietete bei uns 13 Stationen, die bis Dezember 2008 im Betrieb waren. Die letzten zwei Geräte (ems + Cartigny) wurden 2014 abmontiert. Die Fernüberwachung aller Minirotoren machte unser externer Mitarbeiter. Den Unterhalt der Geräte in Genf machte ein ehemaliger Mitarbeiter von mir. Die Abrechnungen wurden von Evi gemacht.
1999 Unser Vorgesetzter aus München versuchte zu expandieren, da auch in Deutschland der Umsatz sank. Er eröffnete in Malta ein Büro und stellte einige Informatiker an, die für Deutschland und die Schweiz Software-Programme herstellen sollten. Wir wurden gezwungen neben der Wefacom die Firma « Global Consulting Systems (Swiss) SA » zu gründen. Es mussten zwei Software-Verkäufer eingestellt werden, natürlich wurde auch ein feines Büro gemietet. Nach einem Jahr ohne Erfolge in der Schweiz und Deutschland wurde die neue Firma kurz vor dem Bankrott geschlossen. Diese Aktion hat alles Geld, das wir eigentlich auf der Seite hatten, aufgegessen. ◆
Die Fliegerei war für mich immer etwas Wunderbares. Dieses Hobby begann im Jahre 1968 mit dem Bau von Modell-Segelflugzeugen zusammen mit Heinz Zeltner. So waren wir am Wochenende oft auf dem Salève. Wir besuchten während vielen Jahren im Sommer Kurse auf dem Hahnenmoos-Pass. Das bereitete uns sehr viel Spass. Dreimal habe ich am Ende des Kurses den Flugwettbewerb gewonnen. Total habe ich sechs Segelflugmodelle zusammengebaut. Im Jahre 1990 habe ich dieses tolle Hobby beendet.
Die Fliegerei war für mich immer etwas Wunderbares.
Über das Leben unserer Familie hat Evi berichtet. Ich habe mich bei meiner Erzählung vor allem auf mein Berufsleben konzentriert, aber unser Familienleben mit meinem Dreimädelhaushalt ebenso genossen, unsere vielen Ausflüge und Wanderungen, das Segelboot, das Tennisspielen, das Schwimmen mit oder ohne Köpfler. Die Erziehung unserer Töchtern hat meistens Evi übernommen.
Ich war beruflich fast zu viel beschäftigt, trotzdem versuchte ich mein Bestes zu geben. Kurz zusammengefasst hatte ich beruflich eine tolle und interessante Karriere, musste hart arbeiten, hatte aber auch viel Glück. Gute Sprachkenntnisse hätten mein ganzes Leben einfacher gemacht. Unser Familienleben war und ist sehr harmonisch dank Evi, Nadine und Christine. ◆
Es ist ein schönes, interessantes Leben, das wir zusammen hatten und immer noch haben.